Page 8 - 43.Kongress_04.November.2024
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Pflanzen von Milliarden von Bäumen durchweg segensreich (oder und Wokeismus mit diffus begründeten moralischen Ansprüchen
wird die Bodennutzungsstruktur in manchen Regionen dadurch steckt voller Widersprüche, nicht zu Ende gedachter Argumenta-
negativ verändert bzw. für lokale Geschäftemacher ein lukrati- tionsketten und vor allem ideologisch überfrachteter, einseitiger
ver, für die Bevölkerung nachteiliger, grauer Markt geschaffen)? Deutungsmuster. Alte Ungerechtigkeiten zwischen den Rassen
Angesichts der Komplexität der mit den Richtlinien verbundenen werden durch neue ersetzt. Jeder Quadratmeter, den die Bundes-
Gegebenheiten und Kausalitätsketten ist das „Gute“, das zwei- wehr für eine Verlängerung der Startbahn eines Fliegerhorstes
fellos erreicht werden soll, keineswegs eindeutig zu ermitteln. beantragt, führt fast automatisch zu einer Empörungs- und Ab-
Bei den enormen Belastungen für die Unternehmen scheint die wehrwelle. Für den Kahlschlag von Wäldern zum Bau von Zehn-
Begründung der erzwungenen Verantwortlichkeit durchaus frag- tausenden von Windrädern sowie deren Zugangsstraßen wird
würdig und rechtfertigt in einer freien Gesellschaft ernsthaften dagegen jeder Widerstand im Keim erstickt und in die Nähe von
Widerspruch. Rechtsextremismus und antidemokratischer Gesinnung gerückt.
Zudem würde eine ehrliche Begutachtung der Folgen bisheriger Wer also von Unternehmen verlangt, Sorgfaltspflichten selbst
Maßnahmen Zweifel an deren Segen hervorrufen – und an den um den Preis der wirtschaftlichen Existenz einzuhalten, der
Argumenten, die zu ihrer Durchsetzung vorgebracht werden. Nur muss dieselben Maßstäbe an sich selbst anlegen, will er nicht
ein Beispiel unter vielen sind die Prognosen des Club of Rome, jede Glaubwürdigkeit verlieren. Deutsche Regierungen, die aus
die trotz ihrer weitgehenden Widerlegung durch die Wirklichkeit wirtschaftlichen Gründen die Lieferung von Grundstoffen für die
unverdrossen weiterhin aufgetischt werden. C-Waffen-Produktion des Iraks durchwinkten und gleichzeitig
weltweit als Verfechter der Menschenrechte auftraten, haben
kein Recht auf moralinsaure Maßregelung von Unternehmen.
Insbesondere fehlt die ergebnisoffene Analyse der Auswirkun- Auf staatlicher Seite sind Heuchelei und Messen mit zweier-
gen in den ärmeren Ländern dieser Welt, wo doch die westlichen lei Maß seit Jahrzehnten gang und gäbe. Mit Recht könnten
Vorstellungen unter Androhung von Handelssanktionen und Wirtschaftsverbände fordern, politische Entscheidungen mit
sonstigen politischen Strafaktionen global durchgesetzt werden ebenso umfangreicher Dokumentation zu rechtfertigen wie sie
sollen. In seiner Studie „Öko-Imperialismus“ schildert der Öko- ihnen selbst abverlangt wird – und Zuwiderhandlungen ebenso
loge Paul Driessen erschütternde Beispiele für gerne verschwie- gnadenlos zu ahnden.
gene Nebenwirkungen westlicher Öko- und Sozialpolitik in den
Staaten Afrikas, Lateinamerikas und Asiens. Sie alle sind Folgen
von ideologisch geprägten Leitsätzen über gesellschaftliche Ver-
antwortung, Nachhaltigkeit sowie Klima- und Umweltschutz. Die Wurzel eines Übels
Legendär sind die lange Zeit negierten Folgen des weltweiten
DDT-Verbots, das dazu führte, dass Jahrzehnte lang jährlich rund Es ist wichtig, angesichts dieser Gemengelage nicht das Kind
eine halbe Milliarde Menschen an Malaria erkrankten und drei mit dem Bad auszuschütten. Mafia- und Wildwestmethoden
Millionen daran starben. Gerade in den afrikanischen Staaten haben in der heutigen Wirtschafts- und Handelspraxis nichts
wird immer lauter die Auffassung geäußert, dass die angeblich mehr verloren. Werte sind wichtig, aber das waren sie immer,
wohlmeinenden Vorschriften aus Europa eben nicht nur gut und sie wurden von der Mehrheit der Beteiligten auch geachtet.
gemeint sind, sondern einen handfest machtpolitischen Hinter- Das Problem ist, dass in der gegenwärtigen Zeit ideologische
grund haben. So schreibt der südafrikanische Jurist Leon Louw: Vorstellungen den Wertekanon festlegen, der nicht mehr in den
„Moderne Imperialisten beuten Kolonien nicht mehr direkt aus. Grundlagen der philosophischen Ethik wurzelt, sondern in den
Stattdessen stellen sie sicher, dass sich Entwicklungsländer nicht Niederungen gesellschaftpolitischer – in aller Regel antikapita-
entwickeln. Sie tun alles dafür, den Wohlstand in armen Ländern listischer und zunehmend „woker“ – Vorlieben. Auch dies wäre
zu drosseln, unter dem Vorwand, dass ein dauerhaftes Wachs- noch kein Grund zur Aufregung, wenn die Folgen dieser politi-
tum nicht nachhaltig sein kann.“ Die satten Wohlstandsbürger schen Ausrichtung für die ökonomische Situation der Unterneh-
verordnen mit der Forderung nach Nachhaltigkeit den Armen men und die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit des Standorts
den Verzicht. Deutschland nicht so verheerend wären wie sie sich derzeit dar-
stellen. Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten ist in manchen Krei-
sen selbst schon ein Sakrileg, weil Wettbewerb an sich bereits
Insbesondere wird in diesem Zusammenhang viel zu selten auf ethisch bedenklich, ja verwerflich ist. Bundesjugendspiele ohne
die Widersprüchlichkeit des gesamten Transformations- und Sieger, Fußballspiele ohne Torzählung – die Jugendlichen sollen
Wohltatenwesens geachtet. Westliche Werte werden weltweit bereits früh lernen, dass Wettbewerb schlecht ist und wir in einer
ausgerollt, solange sie der antikapitalistischen Grundstimmung Welt leben, in der der Löwe neben dem Lamm liegt, wenn nur
entsprechen. Nicht so jedoch der Wert individueller oder unter- nicht Kapitalismus und Profitdenken dazwischengrätschen.
nehmerischer Freiheit – für aufstrebende Volkswirtschaften eine
historisch gut belegte Erfolgsvoraussetzung. Wer diesen Wert
einfordert, findet sich schnell mit dem Imperialismus- oder gar Wie konnte es soweit kommen, dass Deutschland, das seinen
Kolonialismusvorwurf konfrontiert. Wo immer man ansetzt, der Wohlstand über Jahrzehnte nach den Grundsätzen der Markt-
inzwischen weit in staatliches Handeln integrierte Ökologismus wirtschaft erarbeitet hat, in einen Strudel von Sattheit, Wohl-
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