Page 10 - 43.Kongress_04.November.2024
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Die ausufernde Intellektualisierung auf Kosten des „verteilten“ schriften nachgeht. Die akademisch dominierte politische Klasse
Praxiswissens in der Bevölkerung führt nicht nur zur Einengung „macht Wirtschaft“, die Unternehmen – insbesondere des Mittel-
der potenziell vorhandenen Problemlösungsmöglichkeiten (wozu stands – setzen hektisch um, was ihnen aufgezwungen wird.
auch einmal das Aushalten von suboptimalen Übergangszeiten Während die wirtschaftsferne akademische Elite allenthalben die
gehören kann), sondern darüber hinaus zu Spannungen „komplette Ökonomisierung aller Lebensbereiche“ beklagt, ist
zwischen der „Elite“ und dem Menschen vor Ort, der morgens es viel eher die komplette Politisierung aller Lebensbereiche,
um 6 Uhr aufsteht und sein Tagewerk beginnt, mit dem er auch die die größte Gefahr für Freiheit und Wohlstand darstellt.
die finanziellen Mittel erarbeitet, die an den akademischen Aus-
bildungsstätten verbraucht werden.
Logistikindustrie:
Was in den letzten Jahren zu beobachten war, ist eine zuneh- Schluss mit dem Kuschelkurs
mende „Entfremdung“ zwischen der die Probleme definierenden
Klasse (Klimakatastrophe? Grassierende Genderungerechtigkeit? Auch die Logistikindustrie, bei der die Verlagerung der Geschäfts-
Systemischer Rassismus? Kulturelle Aneignung?) und all denen, tätigkeit in die USA oder nach Asien keine Option ist, leidet
die unter den eingeschlagenen Lösungswegen leiden, aber kei- massiv unter dieser Politik des Wolkenkuckucksheims, der Gän-
nen Einfluss auf deren Festlegung haben. Politische Maßnahmen gelung und Bevormundung. Wie sich die Zeiten ändern: Wäh-
beziehen sich immer häufiger auf Probleme, deren Wurzeln der rend der Corona-Pandemie galt die Logistik als Heldentruppe der
Einzelne nicht mehr erkennen und verstehen kann, weshalb Nation, systemrelevant, mit bewundernswerter Reaktions- und
der Eindruck entsteht, wie ein Grashalm im Wind den Anord- Anpassungsfähigkeit bei den Geschäftsmodellen und -pro-
nungen der Weisen von Berlin und Brüssel ausgeliefert zu sein. zessen. Kaum war diese Bewährungsprobe für die Logistik-
Dabei sollte gelten: Wenn die Experten der Bevölkerung ein industrie bestanden, nahm die bekannte Vernachlässigung und
Problem nicht plausibel erklären können, haben sie kein Recht Abwertung wieder ihren Lauf. Mit den Bedürfnissen des dritt-
auf Gefolgschaft. größten Wirtschaftszweigs Deutschlands, der die Spitzen-
stellung des Landes als Exportnation sichergestellt hatte, wurde
wenig Federlesens gemacht: Die Logistikunternehmen hatten
Das Ergebnis ist niederschmetternd: wirtschaftlicher Nieder- sich einzuordnen in den von oben diktierten sakrosankten und
gang, exorbitante Energiepreise, vernachlässigte Infrastruktur, damit alternativlosen Transformationsprozess. Bürokratie, kaum
verleugnete gesellschaftliche Spannungen durch (in diesem Fall erfüllbare Vorgaben und immer neue finanzielle Belastungen
tatsächlich unangebracht planlose!) Massenzuwanderung und degradieren die Sparte zum Büttel der Nation, und die Folgen
eine für die breite Masse der Bevölkerung völlig unverständliche gehen an die Existenzgrundlagen der Unternehmen. Die Krea-
Priorisierung woker Minderheitenthemen (LGBTQ, Gendern etc.). tivität der Logistikindustrie wird abgewürgt, und anschließend
wird sie auch noch für diese Benachteiligung selbst verantwort-
lich gemacht.
Eine ständige Berieselung mit den theoretischen Erwägungen
der Deutungselite hat längst auch die Bevölkerung selbst infi-
ziert. Schon in der Schule lernt man hierzulande, dass der Markt, Eine Gesellschaft, die über Jahrzehnte, auch unter kräftiger ver-
„der Kapitalismus“, an allem schuld ist, was angeblich schief- baler und administrativer Mittäterschaft der verschiedenen poli-
läuft. Unternehmertum muss eingehegt werden, eine Karriere tischen Parteien die Logistik als lästig bis gefährlich einzustufen
beim Staat ist attraktiver als eine Position in einem Unterneh- gewöhnt ist, verlangt die Quadratur des Kreises. Möglichst soll
men, das Leistung verlangt. Allenthalben ist zu fordern, dass der alles zu Transportierende auf die Schienen verlagert werden, aber
Staat mehr „Verantwortung übernimmt“, also die individuelle von denen gibt es zu wenige. Kostenlose Retouren, umweltscho-
Verantwortung an sich reißt. nende Lieferkonzepte in immer Lkw-feindlicherer Umgebung,
beste Arbeitsbedingungen für Mitarbeiter bei gefälligst ruinösen
Transportentgelten, prompte Belieferung, aber bitte keine Logis-
Die Aushöhlung der Wirtschaftskraft ist dabei das folgen- tikimmobilie in unserer Siedlung – alles ist ja seit Jahrzehnten
schwerste Ergebnis einer politischen Strategie, die die bekannt und wird nur auf eine neue Ebene gehoben.
Ex-SPD-Vorsitzende Andrea Nahles wie zur Bestätigung dieser
These im Bundestag mit Pippi Langstrumpfs Lied „Ich mach‘
mir die Welt. Widdewidde wie sie mir gefällt“ dokumentierte. Zu den vielen Stolpersteinen der letzten Jahre hat sich nun auch
Der Großteil der deutschen Unternehmer hat das Vertrauen noch die CO -Maut gesellt, die die Logistikunternehmen zum
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in den Standort Deutschland verloren. Produktions- und Ent- Einstieg in „klimafreundlichere“ Antriebsarten, insbesondere
wicklungsaktivitäten werden in andere Staaten verlagert. Und Elektroantriebe, veranlassen soll. Die Lkw-Maut soll dazu an
viele Leistungsträger und Kreative wandern ab aus dem Land der die Höhe der CO -Emissionen gekoppelt werden. Dass für den
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Bürokratieweltmeister, in dem die Regulierungsfülle längst ein Güterfernverkehr weder die geeignete ausgereifte Technolo-
Ausmaß erreicht hat, wo Mittelständler gar nicht verhindern gie (E-Fahrzeuge mit großer Reichweite) noch die Infrastruktur
können, gegen Gesetze zu verstoßen, weil sie sich eine Rechts- (Lademöglichkeiten) dazu verfügbar sind – wen stört’s? Die finan-
abteilung nicht leisten können, die allen Verästelungen der Vor- ziellen Belastungen, die auf die Unternehmen und im Gefolge
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