Page 8 - 41.Kongress_06.November.2023
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Was in den derzeitigen Debatten dringend vermisst wird, ist die   Unternehmensmanagement, Verbände und Konsumenten sollten
              Fähigkeit zum Plan B. Vom Markt nicht getragene Lösungen in   sich in dieser Lage auf derselben Seite von Freiheit und Markt
              Markt und Gesellschaft zu pressen – wie es die Elektro-zentrierte   vereinen. Der Weg dahin führt aber nicht über Klagen und An-
              Mobilitätswende aktuell immer noch vorsieht –, kann im Wettbe-  klagen,  sondern  über  eine  aktive  Beteiligung.  Nicht  nur  Staat
              werbsumfeld ebenso wenig erfolgreich sein wie eine Energiepo-  und Gesellschaft scheinen im Teufelskreis der Alternativlosigkei-
              litik der verbrannten Erde, die die Versorgung der Unternehmen   ten gefangen zu sein, sondern auch die deutschen Unternehmer.
              mit kostengünstiger und zuverlässiger Energie in Frage stellt.  Auch hier stellt man einen Hang zur Unterordnung fest, nach
                                                                dem Motto: Folge Plan A, und wenn Plan A nicht funktioniert,
                                                                verdopple das Engagement für Plan A.
              Kompromisslosigkeit und Unfähigkeit, rechtzeitig einen Plan B
              zur Hand zu haben, bedeuten am Ende entweder das Ausschei-
              den aus der Spitzengruppe der Wirtschaftsnationen oder den   Die beliebteste Verhaltensweise in Politik und Unternehmen
              Einstieg in die Planwirtschaft, die bereits heute auf vielen Sekto-  ist schon seit Jahrzehnten immer wieder: „Zeit gewinnen“. Die
              ren Wirklichkeit geworden ist. Als Muster lässt sich beobachten:   Geld- und Eurorettungspolitik sind typische Beispiele unkreativer
              Wenn ein Plan A zu scheitern droht, wird von politischer Seite die   Status-quo-Verwaltung mit dem Hinweis, man müsse Zeit ge-
              Verbotsmaschinerie angeworfen, die die Hürden zu ideologisch   winnen. Nur selten wird dabei verraten, wofür denn nun Zeit
              unliebsamen Alternativen soweit erhöht, dass sie als realistische   gewonnen werden soll. Der Verdacht liegt nahe, dass die „Ex-
              Wege ausscheiden. Plan A wird so noch einmal am Leben erhalten   perten“ darauf keine Antwort haben und einfach darauf warten,
              und gegen alle Widerstände des Marktes weiter verfolgt, bis sich   dass sich die wirtschaftliche und/oder politische Großwetterlage
              erneut die Marktkräfte als stärker erweisen – und der Mecha-   „irgendwie“ so ändert, dass sich das aktuelle Problem auflöst.
              nismus wiederholt sich. Am Ende steht die zentrale Planwirt-  Das Ergebnis dieser Vorgehensweise: Schon seit vielen Jahren
              schaft, in der jeder Ausbruch in die Freiheit des Marktes durch   wandern EU und  Euroraum auf schmalem  Grat direkt neben
              Entzug von Finanzmitteln oder ein Korsett aus Vorschriften   einem gähnenden Abgrund.
              und Strafen verhindert wird. So bieten die zeitgeist-moralisch
              begründeten ESG-Richtlinien einen enormen  Instrumentenkas-
              ten, um unternehmerisches Handeln künftig in den ideologisch   Die deutschen Unternehmen müssen sich von dieser geistigen
              gewünschten Bahnen zu halten, unabhängig davon, ob das Er-  Leblosigkeit abkoppeln. Angesichts der Fülle der sichtbaren und
              gebnis wirtschaftlich, technologisch oder gesellschaftlich Sinn   noch nicht sichtbaren Unwägbarkeiten gehört es zum Überle-
              macht. Und was heute noch nachvollziehbar erscheinen mag,   benstraining, auch in der strategischen Unternehmensplanung
              kann auf leisen Sohlen zu einem planwirtschaftlichen Zwangs-  stets mit einem Plan B zu arbeiten. Weder die Sicherheit geogra-
              regime entarten.                                  phischer Grenzen oder die Halbwertszeit technologischer Durch-
                                                                brüche noch die Seligsprechung klimapolitischer Technologie-
                                                                und Zielvorgaben haben eine unbegrenzte Haltbarkeitsdauer
                                                                oder Bestandsgarantie. Wer sich auf das Unverlässliche verlässt
                                                                und keinen Plan B hat, kettet sich auf Gedeih und Verderb an
                                                                das Bestehende.
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