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Ausgangspunkt der Studie ist die Diskussion der verschiedenen
Einflussfaktoren samt ihrer komplexen Wechselwirkungen, die
den Wirtschaftsstandort Deutschland künftig prägen werden.
Dazu gehören beispielsweise technische Innovationen wie Künst-
liche Intelligenz, Automatisierung und Robotik sowie die immer
umfassendere Vernetzung und Digitalisierung, die Entwicklung
der weltweiten Märkte, die Nutzung erneuerbarer Energien, der
Zugang zu günstigem Kapital, die politischen Rahmenbedingun-
gen (beispielsweise Investitionen in Bildung und Infrastruktur),
das sozioökonomische Klima, der demographische Wandel und
zahlreiche andere Faktoren.
Die für die deutsche Wirtschaft kritischen Fragestellungen hin-
sichtlich der künftigen Stellung im Weltmarkt sind demnach: Ge-
lingt es den deutschen Unternehmen, die Nachzüglerposition in
Sachen digitaler Technologien umzukehren und das Potenzial von
Cloud Computing, Digitalplattformen, Künstlicher Intelligenz,
Maschinenlernen, Robotik oder 3D-Druck voll zu nutzen? Wird
Deutschland weiterhin eine stabile Versorgung mit bezahlbarer
Energie besitzen? Wie weit lässt sich das Konzept der Kreislauf-
wirtschaft (also der kompletten Rückgewinnung von Rohstoffen)
umsetzen? Können deutsche Unternehmen mittels integrierter
Plattformen auf dem globalen Markt erfolgreich operieren oder
stecken sie mit Insellösungen als traditionelle Entwickler, Her-
steller und Dienstleister fest?
Im Einzelnen stellen die Deloitte-Experten vier Szenario 2: Die spezialisierten Spitzenreiter
unterschiedliche Szenarien vor, die die deutschen
Unternehmen im Jahr 2030 mit jeweils einem In diesem Zukunftsszenario bieten deutsche Unternehmen als
Schlagwort charakterisieren. Hersteller, Technologieentwickler oder Dienstleister innovative
Produkte oder Services an. 2030 hat sich der Aufbau integrier-
ter Lösungsplattformen durch die Kombination von Hard- und
Szenario 1: Software als so kostspielig und komplex erwiesen, dass einzel-
Die Anbieter ganzheitlicher Lösungen ne deutsche Unternehmen diese nicht in Eigenregie unterhalten
können. Daher haben sie weitreichende Allianzen gebildet, in
Deutsche Unternehmen kombinieren im Jahr 2030 als integrierte denen Partner die mangelnde Integration ersetzen: Hersteller
Lösungsanbieter hochmoderne Technologie- und Ingenieurs- suchen sich Dienstleister und umgekehrt. Die daraus resultie-
produkte mit kundenorientierten Dienstleistungen entlang der rende Kompatibilität der von verschiedenen Marktteilnehmern
kompletten Wertschöpfungskette. Sie bieten diese Lösungen stammenden Hard- und Softwarekomponenten ist ein entschei-
den global verteilten Endkunden auf integrierten, lösungsori- dender Wettbewerbsvorteil im globalen Markt. Deutsche Unter-
entierten Plattformen an. Da deren Aufbau sehr kosteninten- nehmen fokussieren sich in diesem Marktumfeld auf Nischen,
siv ist, haben große Organisationen kleinere Marktteilnehmer die sie mit hoch innovativen Produkten und Dienstleistungen
verdrängt. Die Grundlagen des Erfolgs: ein Umdenken von der bedienen. Zugleich verursacht jedoch der hohe Aufwand, um die
Produkt- zur Kundenorientierung, massive öffentliche Investiti- Kompatibilität der unterschiedlichen Standards sicherzustellen,
onen in die digitale Infrastruktur, eine vollständig digitalisierte hohe Kosten, die Innovationen in Forschung und Entwicklung
Arbeitswelt sowie lösungsorientiertes und lebenslanges Lernen. ausbremsen. Zwar ist Deutschland 2030 noch in der Lage, Welt-
Die deutschen Unternehmen sind hoch wettbewerbsfähig und klasse-Forschung in High-End-Nischen zu betreiben, die Konzen-
setzen als innovative Marktführer in allen Branchen weltweit tration auf die Kompatibilitätsproblematik begrenzt jedoch die
Maßstäbe bei Technologie und Service. Effizienz. Das Bildungssystem setzt auf umfassende Umschulung
und Weiterbildung, um die nationalen Fachkräfte adäquat auszu-
bilden. Deutsche Unternehmen sind global auf breiter Basis
konkurrenzfähig, die Fragmentierung ihrer Angebote beschränkt
aber ihre Wachstumsmöglichkeiten.
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