Page 3 - 33. Kongress des Club Of Logistics
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Das Zeitalter der Unkalkulierbarkeit Unterdrückung von Unabhängigkeitsbestrebungen und
so weiter), von großen Erschütterungen blieb diese Kons-
Dass die Welt, in der wir leben, verglichen mit der des 20. tellation jedoch verschont.
Jahrhunderts erheblich volatiler, unvorhersagbarer und
komplexer geworden ist, wird von niemandem ernsthaft Für die westlichen Unternehmen bedeutete dies: klar de-
zu bezweifeln sein. Planbarkeit von mittel- und langfristi- finierte Märkte, deren Aufwärtsentwicklung unter dem
gen Aktionen und Kontrolle über Strategien und Prozesse Schutzschirm der USA und später Europas relativ un-
haben sich drastisch verringert. Die „neue Unberechen- gestört voranschreiten konnte. Dies schaffte klare, gut
barkeit“ hat viele Ursachen, die meist miteinander ver- berechenbare Wachstumsperspektiven. In Europa und
flochten sind und sich aus politischen, wirtschaftlichen, Ostasien zunächst durch den Wiederaufbau nach dem
gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen verheerenden Desaster der beiden Weltkriege, später
ergeben. Mit den Folgen dieser Entwicklung müssen die – durch wachsenden Wohlstand befördert – durch sich
Unternehmen aller Branchen fertig werden. Besonders ständig intensivierende Handelsbeziehungen.
drastisch treffen sie aber die Logistikindustrie, die in ih-
rer Drehscheibenfunktion zwischen Produktion, Handel Seit dem Zusammenbruch des Ostblocks hat sich diese
und Endkunde allen zur Volatilität beitragenden Faktoren Situation grundlegend verändert. Aus der zweigeteilten
gleichzeitig ausgesetzt ist. Ein Überblick über die wich- ist eine multipolare Welt geworden, in der sich „alte“ gro-
tigsten Treiber der Veränderungen macht dies deutlich. ße Player wie die USA, Russland und die EU neuen Groß-
mächten, vor allem Japan, China und Südkorea, aber bald
Internationale politische Umwälzungen und Verschie- auch Indien und weiteren Schwellenländern aus Asien
bungen und Lateinamerika gegenübersehen. Zwar ist die Tod-
feindschaft der beiden unvereinbaren Wirtschafts- und
Das Ende der Blöcke Politiksysteme totalitärer Kommunismus und demokrati-
scher Kapitalismus überwunden. Doch dafür haben sich
Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts war dominiert unterschiedliche Ausformungen von demokratischen,
durch einen klar abgegrenzten Status quo: der Einteilung halb demokratischen, autoritären und diktatorischen
der Welt in zwei gegnerische Machtblöcke, die – abge- Systemen erhalten oder neu herausgebildet. Vom tyran-
sehen von einer Reihe von blockfreien Staaten – das Ge- nischen Nordkorea über islamistische Regime, autoritä-
schehen in machtpolitischer wie wirtschaftlicher Hinsicht ren Staaten wie Russland und China bis hin zu Staaten,
bestimmten. Zwar wurden unter der festgezurrten politi-
schen Großwetterlage regionale Konflikte militärisch aus-
getragen (Stellvertreterkriege, Revolutionen,
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