Page 3 - 32. Kongress des Club Of Logistics

Liebe Mitglieder
des Club of Logistics, liebe Gäste,

noch vor wenigen Jahren wirkte es geradezu lächerlich, sich Sorgen um
die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu machen. Alle Am-
peln schienen auf Grün zu stehen, Arbeitslosigkeit auf niedrigem Niveau,
überdurchschnittliche Wachstumsraten des BIP, Haushaltsüberschüsse,
Exportrekorde und sprudelnde Unternehmensgewinne. Was will man
mehr?

Doch inzwischen steigt die Zahl der Wirtschaftsfachleute, die vor einem
Ende des deutschen Booms und vor einer Selbstzufriedenheit warnen,
die sich auf politischer, aber auch unternehmerischer Seite breit macht.
Dass Deutschland seine hohe Wettbewerbsfähigkeit und damit sein
Wohlstandsniveau und seine internationale Bedeutung halten kann, ist
unter den gegebenen Bedingungen äußerst fraglich. Wir sind nicht mehr
an der Spitze der Innovatoren, sondern an der Spitze der Optimierer, und
das wird für die Zukunft, die von Kreativität und Veränderungsgeschwin-
digkeit bestimmt ist, nicht reichen.

Niemand bezweifelt, dass Deutschland momentan noch große Stärken
hat. Dazu gehören Faktoren wie hoch qualifizierte Arbeitskräfte (wenn
auch zu wenige), politische Stabilität oder eine breite mittelständische
Basis, die in den vergangenen Jahrzehnten als Innovationsmotor gewirkt
hat. Doch der Vorteil von Gestern kann der Nachteil von Morgen sein –
Nokia lässt grüßen. Die Innovationskraft außerhalb des Optimierens hat
stark nachgelassen, und das geistige Umfeld von Politik und Gesellschaft
hat nicht die Veränderung, sondern die Zementierung des Bestehenden
im Visier. Erstarrung im Denken ist aber der Vorläufer für Erstarrung der
Fortschrittsfähigkeit. Risikovermeidung, nicht Innovation, ist das welt-
weit bekannte Markenzeichen für das Deutschland der Gegenwart ge-
worden. Die Furcht vor dem Risiko, die hierzulande grassiert, ist deshalb
so gefährlich, weil sie auf einem fundamentalen Denkfehler beruht: Der
Drang, Risiken um fast jeden Preis zu vermeiden, ist eben nicht ein Ga-
rant für Sicherheit, sondern selbst das größte Risiko.

Der Kongress des Club of Logistics beschäftigt sich daher aus gutem
Grund nicht in erster Linie mit den Erfolgen der Vergangenheit, sondern
mit den Defiziten der Gegenwart und den immensen Aufgaben, die wir
in Deutschland anpacken müssen, um zukünftig erfolgreich zu bleiben.
Wie wir Verkrustungen aufbrechen und kreativ vorangehen können, das
werden unsere Mitglieder und Experten aus Wissenschaft, Industrie und
Politik in Königswinter analysieren und diskutieren. Dieser spannenden
gemeinsamen Arbeit sehe ich mit großer Vorfreude entgegen.

Ihr Peter H. Voß