Page 4 - 29. Kongress des Club Of Logistics
P. 4
Die Stadt – ein Lebensraum mit
wachsenden Herausforderungen
An Großstädten scheiden sich die Geister. Wo die einen verdichtete Kultur, anregende Atmosphäre und
menschliche Buntheit erkennen, sehen andere den Sittenverfall, oberflächliche Schnelllebigkeit und vermin-
derte Lebensqualität. Beide Lager scheinen sich unversöhnlich gegenüberzustehen, Menschen sind offenbar
Großstädter oder Antigroßstädter. Der französische Schriftsteller und Zeichner Henrig Monnier meinte: „Man
sollte die Städte auf dem Lande bauen, da ist die Luft besser.“ Der deutsche Schriftsteller Lothar Peppel kon-
terte: „Kleinstadtmief ist das Schlimmste aller Nervengase!“ Beide Lebensräume ziehen offenbar Menschen
mit bestimmten Charaktereigenschaften an. Global gesehen scheint aber die Anhängerschaft der peppelschen
Sichtweise die größere Anziehungskraft zu besitzen.
Lust auf Stadtluft:
Die Attraktivität der
Großstädte wächst
Tatsache ist jedenfalls, dass sich Großstädte immer grö-
ßerer Beliebtheit erfreuen. Weltweit wollen immer mehr
Menschen in die großen Städte, wo Arbeitsmöglichkei-
ten, Kulturangebote und die Anbindung an die Welt hohe
Attraktivität erzeugen. Insbesondere in den Schwellen-
ländern explodiert die Zahl der Megacitys, deren Ein-
wohnermillionen gar nicht mehr exakt ermittelt werden Ansprüche an die Lebensqualität neue Herausforderun-
können. Aber auch in Europa ist der Zug in die Groß- gen auf vielen Ebenen. Der moderne Städter verlangt die
stadt ungebrochen, wenn auch ihre Bevölkerung nur ge- Quadratur des Kreises: Lärmvermeidung, saubere Luft,
mächlich wächst und in den kommenden Jahrzehnten sauberes Wasser, Umwelt- und Klimaschutz, optimale
signifikant altern wird. Inzwischen lebt auch jeder dritte Stromversorgung, bequeme Transportmöglichkeiten mit
Deutsche in einer der über 80 Großstädte mit mehr als Pkw oder öffentlichem Nahverkehr und eine perfekte Lo-
100.000 Bewohnern.
gistik sollen reibungslos und kostengünstig miteinander
vereinbar sein. Dabei beschränkt sich der städtische Le-
Für eine steigende Zahl von Menschen überwiegen also bensraum ja nicht nur auf die Großstadt, die sich hinter
die Vorteile des Großstadtlebens die Nachteile. Dennoch den Ortsschildern ausbreitet. Die
schaffen hier ständig wachsende
wachsende Bevölkerungsdichte in den Ballungsgebie-
ten konzentriert sich auch auf die angrenzende Welt der
Vororte und „Schlafstädte“, die wegen ihres niedrigeren
Miet- und Preisniveaus in die Umgebung wuchern. Sie
verlangen ebenso nach optimaler Anbindung an die Ver-
kehrs- und Versorgungsnetze, die in der Zukunft immer
weiter miteinander verzahnt werden. Dadurch entstehen
Bevölkerungszentren mit Herausforderungen an die Or-
ganisationsstrukturen der Versorgung, die bisher unvor-
stellbar waren.
4