Page 9 - 28. Kongress des Club Of Logistics
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Slowenien – Kraftzentrum
mit Zukunft
Das Streben nach Unabhängigkeit ist eines der Merk- cher Aufschwung, der bis zur Wirtschafts- und Finanz-
male, die wohl so gut wie alle Slowenen teilen. Das krise ab 2008 anhielt. Die Arbeitslosigkeit sank, die
Land von der Größe Hessens mit einer Bevölkerungs- Löhne stiegen. Die starke Industrie feierte große Ex-
zahl in der Größenordnung von Hamburg war natur- porterfolge, so dass heute nicht mehr die Staaten Ex-
gemäß in der Geschichte häufig Spielball größerer Jugoslawiens als Hauptabnehmer der slowenischen
Mächte, gehörte erst zum Habsburger-Reich und an- Industrie fungieren. Heute verkauft Slowenien seine
schließend zunächst zum Königreich und dann zum Erzeugnisse vor allem an die westlichen Industrielän-
kommunistischen Staat Jugoslawien. So richtig zuge- der und bezieht auch den Großteil seiner Einfuhren
hörig fühlte man sich aber keiner Großmacht. Kulturell von dort. Deutschland ist der mit Abstand wichtigste
verspürte man die größte Nähe zu Wien, während der Handelspartner. Seit dem EU-Beitritt 2004 und der
Vielvölkerstaat Jugoslawien mit seinen südlichen Lan- Einführung des Euro zum 1. Januar 2007 haben sich
desteilen Kroatien, Bosnien und dem dominierenden die Handelsbeziehungen auch mit den anderen Staa-
Serbien als erdrückende Last empfunden wurde. Zum ten der EU erheblich ausgeweitet.
Balkan wollten und wollen die Slowenen nicht gezählt
werden: Noch heute wehren sie sich gegen die Ein- Im Gefolge der Krise geriet auch Slowenien in den Sog
ordnung als Balkanstaat, die gerade in Deutschland der Rezession und stand kurz vor dem demütigenden
noch weit verbreitet ist. „Balkan sind immer nur die Sprung unter den Euro-Rettungsschirm, schaffte dann
anderen“, so fasst der slowenische Philosoph Slavoj Zi- aber durch ein Bündel von Maßnahmen wie Privatisie-
zek die Abwehrhaltung seiner Landsleute zusammen. rungen, Spar- und Strukturreformen aus eigener Kraft
Insofern ging ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung, die Konsolidierung des Haushalts. Die entschlossene
als sie sich 1991 zur unabhängigen Republik Sloweni- Wirtschaftspolitik zeigte schnelle Erfolge: Schon 2014
en erklären konnten. lag das Wachstum der Wirtschaftsleistung wieder bei
rund drei Prozent, die Arbeitslosigkeit ging zurück,
Wirtschaftlicher Aufstieg Preise und Lohnkosten sanken und das Investitions-
klima – und damit die Attraktivität für ausländische
Mit der politischen Selbstständigkeit konnte Slowe- Unternehmen – verbesserte sich erheblich. Was die
nien auch die Wirtschaft von einer zentral gelenkten wirtschaftliche Dynamik angeht, hat sich das Land an
Planwirtschaft zu einem marktwirtschaftlichen Sys- die Spitze der mitteleuropäischen Länder herange-
tem umstrukturieren. Die Folge war ein wirtschaftli- arbeitet.
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